Einleitung
Gut 28.000 Heuschreckenarten sind weltweit beschrieben. In Mitteleuropa sind die Heuschrecken eine eher artenarme Insektenordnung. In NRW sind derzeit 58 Arten nachgewiesen, von denen ein guter Teil auch im Ruhrgebiet gefunden wurde. Zu unterscheiden sind zwei große Gruppen, die Langfühlerschrecken (Ensifera) und die Kurzfühlerschrecken (Caelifera), die sich tatsächlich sehr gut anhand der Fühlerlänge unterscheiden lassen. Zu den Ensifera gehören u. a. die Familien der Grillen, Schwertschrecken, Eichenschrecken, Sichelschrecken, Heupferde, Beißschrecken und Strauchschrecken. Zu den Caelifera werden u. a. Dornschrecken, Ödlandschrecken und die große Gruppe der Grashüpfer gezählt.
Tatsächlich fanden Heuschrecken vermehrt seit Mitte der 1980er Jahre Aufmerksamkeit. Mit Bestimmungschlüsseln und populären Büchern wurde die Grundlage gelegt, dass sich neben Profientomologen auch interessierte Laien den Heuschrecken zuwandten. So wurden Dank dieser breiteren Basis inzwischen wichtige Grundlagen zur Verbreitung, Bestandsentwicklung und Gefährdung erarbeitet sind, die eine Beurteilung und Bewertung der aktuellen Nachweise ermöglichen.
Kartierungen
Das gute Wissen ermöglicht es, Heuschrecken für Fragen des Monitorings vieler Lebensräume und der Indikation ökologischer Verhältnisse heranzuziehen. Insbesondere für Lebensräume des Offenlandes, wie Wiesen, Weiden, Säume, Brachland, Heiden und Magerrasen sind Heuschrecken eine hervorragende Indikatorgruppe. Die Bestandsaufnahme von Heuschrecken gelingt mittels
- Sicht,
- Verhören und
- Fang.
Viele Arten sind bereits optisch gut und sicher zu erkennen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind die meisten Heuschrecken auch in der Lage artspezifische Laute auf unterschiedliche Art und Weise zu erzeugen. Ihr charakteristischer Gesang ermöglicht tatsächlich die Erfassung vieler Arten. Andere müssen auch mittels Kescher oder Hand eingefangen und mit der Lupe bestimmt werden.
Die BSWR untersucht die Heuschreckenbestände teilweise auch halbquantitativ durch Auszählung entlang von Transekten oder auf Probeflächen.
Arteninventar
Von den in Deutschland vorkommenden Arten (78, 14.02.2022: nachgewiesen in Observation.org 86) sind 53 in NRW und davon immerhin 34 auch im westlichen Ruhrgebiet nachgewiesen. Im gesamten, weit gefasste Ruhrgebiet sind bislang 44 Arten beobachtet worden.
Ansprechpartner in der BSWR
Tobias Rautenberg
Charakterarten der Industriebrachen
Auf drei Arten, die auf Industriebrachen nachgewiesen sind und hier besonders typisch sind, möchten wir hier besonders aufmerksam machen.
Ameisengrille
Myrmecophilus acervorum
Mit dem Fund der winzigen Ameisengrille gelang Tobias Rautenberg ein spektakulärer Neufund im Landschaftspark Duisburg Nord. Die Lokalzeit Duisburg des WDR berichtete am 21.09.2017 und auch die WAZ. Es handelt sich zum damaligen Zeitpunkt um den nordwestlichsten Nachweis der Art in Europa. In der Folge gelangen weitere Beobachtungen auf der Stahlwerksbrache in Oberhausen und 2020 konnte die Art erstmals in den Niederlanden gefunden werden.
Blauflügelige Ödlandschrecke
Oedipoda caerulescens
Halden und Industriebrachen sind im Vereinsgebiet die typischen Lebensräume der Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens). Von der Art waren bis in die 1990er Jahre nur wenige Funde aus Nordrhein-Westfalen bekannt. Seitdem kamen einige Funde in der Niederrheinischen Bucht hinzu, aber seit einigen Jahren ist die Art auch im westlichen Ruhrgebiet (Duisburg 1998/99, Essen 1999) heimisch. Am Rande des Waldteichgeländes, einem ehemaligen Kohlelagerstandort (TK25 Nr. 4406/4), wurde die erstmalig im August 2003 in Oberhausen nachgewiesen. Inzwischen ist die Art im gesamten Ruhrgebiet und weit darüber hinaus zu finden.
Blauflügelige Sandschrecke
Sphingonotus caerulans
Auch für die Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) sind Halden und Industriebrachen sind im Vereinsgebiet die typischen Lebensräume. Hier teilt sie sich den Lebensraum mit der morphologisch und ökologisch ganz ähnlichen Ödlandschrecke. Die Art war lange in NRW verschollen (letzter Nachweis im Münsterland in den 1940er Jahren) und wurde dann erst 1994 für NRW neu bestätigt. Der Erstnachweis für das Stadtgebiet Oberhausen stammt bereits aus dem Jahre 2003 von einer ehemaligen Brache etwas südlich des CentrO. Seitdem gelangen sehr viele Nachweise im gesamten Ruhrgebiet.