Naturnahe Grabgestaltung
Bei der Einrichtung oder Pflege eines naturnahen Grabes braucht es keine speziellen botanischen Kenntnisse und auch nicht zwingend einen besonders grünen Daumen. Es genügt, einige grundlegende wie auch simple Dinge zu beachten. Für eine kompetente Fachberatung wenden Sie sich an Ihre Friedhöfsgärtnerei vor Ort.
Auf dem Westfriedhof in Oberhausen wurden nun im Rahmen des LVR-Friedhofsprojektes durch zwei Fachfirmen (Fa. Brüggemann, Fa. Herrig) naturnahe Mustergräber eingerichtet, die besichtigt werden können.
Der Boden soll leben
Zunächst das Allerwichtigste: Das Regenwasser muss vom Boden aufgenommen werden können! Flächige Marmorplatten, Schotter- oder Kiesgräber, Gräber aus bunten Glassteinen oder gar Kunstrasen sind selbstredend ungünstig, jedoch immer mal wieder auf Friedhöfen zu sehen. In der Regel ist unter der Zierschicht eine wasserundurchlässige Plane oder ein Fleece vorhanden. Pflegeleicht sind diese Oberflächen keineswegs. Sie isolieren die Bodenschicht vom Regen, verhindern die Durchlüftung, verhindern die Zersetzung von organischem Material z. B. durch Regenwürmer und stellen dadurch nicht nur ein Problem für die Millionen von Bodenorganismen in der Friedhofserde dar, sondern je nach Boden kann der Zersetzungsprozess des menschlichen Körpers auch stark verzögert werden.
Auf die Erde kommt es an
Als Substrat sollte torffreie Blumenerde verwendet werden und torfhaltige Substrate, aber auch Rindenmulch lieber im Gartenmarkt stehengelassen werden. Gedüngt wird, falls überhaupt nötig, mit Kompost oder biologischem Dünger, auf „Chemie“ oder sogenannte Pflanzenschutzmittel sollte unbedingt verzichtet werden.
Tipps und Tricks zur Artenauswahl
Bei der Artenauswahl sollte im Zweifel auf heimische Arten zurückgegriffen werden. Wer jedoch kein Botanikprofi ist, wählt Arten, die bunt blühen und grundsätzlich von Insekten bestäubt werden können. Wie im Garten auch, können durchaus auch funktionale nichtheimische Arten gewählt werden, wenn sie optisch gefallen. Hier besteht ein wesentlicher Gegensatz zur freien Landschaft, wo gesetzlich zwingend auf regionales Saatgut und Pflanzmaterial zurückgegriffen werden muss. Das, was der Laie als „Blume“ erkennt, ist meist für Insekten wertvoller als windbestäubte Gräser oder Farnpflanzen, wobei diese natürlich auch als optische Strukturelemente verwendet werden können. Verzichtet werden sollte auf Sorten mit gefüllten Blüten oder Blüten, die sich nicht öffnen (z. B. Knospenheide). Also alles, was seinen Nektar und Pollen auch für die Insekten bereitstellt, ist sinnvoll.
Heimische Arten sprechen eher Spezialisten unter den Insekten an, fremdländische werden eher von häufigen Ubiquisten wie z. B. der Honigbiene besucht. Da wir uns aber nicht im Naturschutzgebiet befinden und es sich um ein gärtnerisches Blumenbeet und keine „Wildwiese“ handelt, kann man etwas großzügiger sein und auch optische Vorlieben bedienen.
Dauerhaftes Nahrungsangebot
Ideal ist alles an Bepflanzung, was dauerhaft bleiben darf. Saisonale Wechselbepflanzung verursacht nicht nur laufend Kosten und verschwendet Pflanzmaterial, sondern es werden auch Organismen im oder am Boden gestört. Wenn aber Wurzeln, und sogar auch mal Stängel, Früchte oder andere Pflanzenteile den Winter über stehen bleiben dürfen, bieten sie Raum oder Nahrung für viele Tiere.
Ein weiterer Trick ist es, bei dem Pflanzensemble auf ein langes Blühangebot zu achten – möglichst vom Winter bis in den späten Herbst hinein. Dieses wird erreicht durch lange blühende Arten wie z. B. Glockenblumen, aber auch ein Bepflanzungssortiment, bei dem sich die Blühphänologie vom Schneeglöckchen bis zum Heidekraut die Klinke in die Hand gibt. Wenn dazu noch verschiedene Blütentypen bedient werden wie Glockenblumen, Korbblüten, Scheibenblumen, Schmetterlings- oder Lippenblumen, ist für alle möglichen Insektenarten gesorgt.
Geeignet sind z. B. alle Frühblüher wie Blaustern, Veilchen, Primeln oder Lungenkraut. Später blühen Glockenblumen, Günsel, Erdbeeren, Oregano, Frauenmantel, Malven, Lavendel, Ziest, Lauch, Minze, Melisse, Nelken oder Storchschnabel. Späte Arten sind Heidekraut oder Herbstaster. Als Bodendecker eignen sich Hauswurz, Fetthenne, Mauerpfeffer oder einige Fingerkraut-Arten.
Vorbild Naturgarten
Eine gute Orientierung sind Empfehlungen für den Naturgarten, die man im Internet z. B. auf Seiten der Naturschutzverbände findet oder bei Naturgartenvereinen. Hier sind die Vorschläge so reichhaltig, dass man passende Arten wählen kann. So wird man auf kleineren Gräbern weniger hohe, kräftige Stauden wählen, sondern eher blühende Bodendecker oder zartere Solitärpflänzchen. Auf größeren oder isolierteren Gräbern hat man noch viel mehr Möglichkeiten. Hier könnte neben Staudenbereichen z. B. durchaus auch etwas Totholz liegen oder eine kleine Tränke für Wildtiere aufgebaut sein.